„Es war einmal – eine Zeit, in der nur bestimmte Menschen im Verkauf tätig waren. Jeden Tag verkauften diese Leute Dinge, wir anderen stellten Dinge her, und alle waren zufrieden.Eines Tages aber begann sich die Welt zu verändern. Immer mehr von von uns fingen damit an, für sich selber zu arbeiten – und weil wir damit sogenannte „entrepreneurs“ wurden, waren wir plötzlich auch „Verkäufer“. Zur selben Zeit ergab es sich, dass große Organisationen entdeckten, dass die strenge Arbeitsteilung nicht mehr so gut funktionierte, und zwar vor allem in Zeiten von großen wirtschaftlichen Veränderungen. Deshalb verlangten sie von ihren Leuten immer mehr Beweglichkeit, sie wollten, dass diese immer öfter auch mal die Grenzen ihres herkömmliche Jobs überschritten und – wenigstens zum Teil – auch im Verkauf tätig waren. Zur gleichen Zeit veränderte sich die gesamte Wirtschaftslage mit dem Wimpernschlag eines einzigen Jahrzehnts, und sehr viele Menschen begannen in den Bereichen „Bildung“ und „Gesundheitswesen“ zu arbeiten. Das sind zwei Gebiete, in denen es seit je her darum geht, andere Menschen zu bewegen bzw. ihnen bei einer Veränderung zu helfen. Und weil es im Verkauf ja auch letztlich um nichts anderes geht, stellten wir eines Tages fest, dass inzwischen die meisten von uns im Verkauf tätig sind…“
Ich habe mir erlaubt, mal diese kleine Geschichte aus dem neuen Buch von Daniel Pink etwas frei zu übersetzen. Das Buch heisst „To Sell is Human: The Surprising Truth about Persuading, Convincing, and Influencing Others“
Daniel Pink plädiert dafür, den Begriff „Verkauf“ deutlich auszuweiten und auf alle Tätigkeiten anzuwenden, die darauf abzielen, andere Menschen „zu bewegen“ (to move others). Er beschreibt eine Art des Verkaufens, die mit der klassischen „Verkaufe“ nicht mehr viel zu tun hat, die aber trotzdem Umsatz und Austausch zum Ziel hat. Er nennt sie „Non-Sales-Selling“. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass „Kaufen Helfen“ ein hilfreiches Selbstverständnis ist, mit dem einige Leute deutlich weniger Probleme haben als mit dem des „Verkaufens“.
Es geht allerdings bei diesen Veränderungen nicht nur um den Luxus eines Gutmenschen-Gewissens, sondern auch schlicht und einfach um den Erfolg. Kürzlich habe ich auf einer Podiumsdiskussion Einzelhändler jammern hören, dass die Kunden super informiert in die Läden kämen und damit in den verschiedensten Gebieten oft fitter sind als die Verkäufer. Und genau diese Verschiebung beschreibt Daniel Pink auch sehr treffend in seinem Buch, nämlich die Verschiebung der Macht hin zum Käufer. Das Informationsungleichgewicht ging lange Zeit zu Gunsten des Verkäufers aus: der Autoverkäufer wusste in aller Regel einfach mehr über Autos im Allgemeinen und einen speziellen Gebrauchten im Besonderen. Inzwischen hat der Kunde / Käufer Zugang zu Informationen, die weit über den Horizont des Verkäufers hinaus gehen können. Er hat damit mehr Macht als früher. Ähnliches passiert in allen Branchen – und damit entwickelt sich auch eine immer stärkere Unwilligkeit, sich etwas „verkaufen“ zu lassen. „Kaufen Helfen“ wird damit immer wichtiger und ist inzwischen eine wesentliche Erfolgskomponente vieler Menschen, die irgendwie für Ergebnisse verantwortlich sind. Und – auch keine ganz neue Weisheit – sind wir das am Ende nicht eigentlich alle, egal an welcher Position wir arbeiten?
Das erste Buch von Daniel Pink, das ich entdeckt habe, wurde mir übrigens von Dick Orkin empfohlen, einem sehr berühmten Kollegen aus der amerikanischen Radiobranche. Das Buch heisst im Original „A Whole New Mind“, auf deutsch „Unsere kreative Zukunft“. D.Pink schreibt neben einigen Bestsellern auch für die New York Times, Harvard Business Review und viele andere Medien.
Beate Bender meint
Lieber Peter,
das wäre ja ein wunderbarer Prolog für unseren morgigen 19. Mediaberatertag in Kassel. Bitte hierzu unbedingt ein paar Statements vortragen.
Außerdem „Kaufen helfen“ hört sich gut an, da läuft bei mir gleich ein Film im Kopf ab!