Sind Sie eher schüchtern und stehen bei Partys auch gern mal etwas am Rande? Tun Sie sich schwer damit, frohgemut auf neue Menschen zu zu gehen und mit Ihnen Kontakt aufzunehmen? Geht’s Ihnen so richtig gut, wenn Sie mit sich und Ihren Gedanken allein sind? Dann sind Sie also das, was man „introvertiert“ nennt – viele wichtige und große Geister in der Menschheitsgeschichte gehören zu dieser Kategorie. Allerdings nicht viele gute Verkäufer. Als Mediaberater, der ja zu einem wesentlichen Teil vom Verkaufserfolg lebt, wären Sie also vermutlich auf einem für Sie schwierigen Terrain. Auf gut Deutsch: sie sollten überlegen, ob es nicht einen wesentlich passenderen Job für Sie gibt. Dieser Gedanke ist dann sicherlich nicht neu für Sie, oder?
Sind Sie stattdessen eher forsch und mutig, wenn es um den Kontakt mit neuen Leuten geht? Stehen Sie bei der o.g. Party gern im Mittelpunkt und unterhalten die anderen Gäste gern mit ein paar flotten Sprüchen? Sind Sie jemand, den man gerne einladen würde, wenn „was los sein soll“? Dann sind Sie also tendenziell „extrovertiert„, jemand der keinerlei Kontaktschwierigkeiten kennt und damit auch gut im Verkauf ist.
Oder?
Der Zusammenhang zwischen Extroversion und Verkaufserfolgen ist scheinbar so unübersehbar, dass wir im Allgemeinen gar nicht drüber nachdenken. Wenn Sie Verkaufsleiter sind und sich so jemand bei Ihnen bewirbt, denken Sie vermutlich schnell mal „der ist offensiv und kontaktfreudig, der wird tolle Umsätze heim fahren“?
Kleines Problem bei diesem Gedanken: er ist falsch!
Der scheinbar so offensichtliche Zusammenhang zwischen Extroversion und Verkaufserfolgen wird praktisch nicht groß hinterfragt, obwohl es dafür keine wirklich stichhaltigen Hinweise gibt.
Adam Grant, Organisationspsychologe und Professor für Management an der Universität von Pennsylvania, hat zu diesem Thema einige Materialien durchforstet. Im Journal „Psychological Science“ hat er eine Metastudie veröffentlicht, die sich mit den Zusammenhang zwischen Intro-/Extroversion und Verkaufsperformance sehr grundlegend beschäftigt. Das heißt konkret, er hat viele Studien zu diesem Zusammenhang gesichtet und auf diese Weise Daten zu insgesamt fast 4 Tausend Verkäufern ausgewertet.
Das Ergebnis: es gibt keinerlei erkennbare Wahrscheinlichkeiten dafür, dass die Extrovertierten erfolgreichere Verkäufer sind. Zugegeben, sie sind etwas besser als ihr absolutes Gegenstück, die Introvertierten.
Den deutlich höchsten Verkaufserfolg allerdings erzielt eine dritte Gruppe, nämlich die sogenannten „Ambivertierten“ (ambiverts), also Leute, die auf der Skala von 1 (sehr introvertiert) bis 7 (sehr extrovertiert) bei ungefähr 4 bis 4,5 stehen würden.
Verkaufen verlangt eine ganz besondere Balance zwischen der „Innenschau“, also der Beobachtung von sich selber, und der Antwort auf den anderen, in unserem Fall den Werbekunden. Und diese Balance gelingt den „ambiverts“ mit Abstand am besten. Die Introvertierten beschäftigen sich zu sehr mit sich selber, die Extrovertierten überfahren ihre Kunden schnell mal mit einem Schwall von Worten und Argumenten. Dazwischen liegt die goldene Mitte – und auch der Verkaufserfolg.
In der o.g. Studie von Adam Grant verdienen die Introvertierten im Schnitt 120 $, die Extrovertierten dagegen 125 $. Die Ambivertierten allerdings landen bei stolzen 155 $ in der Stunde.
Diese Grafik verdeutlicht die Verteilung. Sie stammt übrigens aus dem Buch von Daniel Pink „To Sell is Human. The Surprising Truth About Persuading, Convincing, And Influencing Others„.
Nochmal: die Extrovertierten reden zu viel und hören zu schlecht zu. Deshalb verstehen sie Ihre Kunden oft nicht gut genug. Egal ob man über das „klassische Verkaufen“ oder über das „Non-Sales-Selling“ von Daniel Pink spricht – die Ambivertierten haben deutlich die Nase vorn, also diejenigen, die bei Bedarf auch mal umschalten können von passiv auf aktiv, vom Zuhören zum Selber Reden, von der Offensive zurück auf die Reflexionsebene.
Für die meisten von uns sollte dies eine gute Nachricht sein. Die Verteilung der Intro-/Extrovertiertheit in der Gesamtbevölkerung ist nämlich ziemlich genauso wie in der o.g. Grafik zum Verkaufserfolg. Das heißt, die meisten von uns sind irgendwo in der Mitte, sie gehören also zu den „ambiverts“.
Oder wie schreibt Daniel Pink: „In some sense, we are born to sell.“
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